Ab wann gilt eine Behandlung als laufend oder angeraten?
Eine wichtige Frage, die sich viele Menschen stellen: Ab wann gilt eine Behandlung überhaupt als laufend oder angeraten?
Kurze Antwort:
Sobald eine Versicherung nachweisen kann, dass der relevante Befund, der einer Behandlung zugrunde lag, schon vor Abschluss vom Zahnarzt diagnostiziert worden ist, kann man von einer laufenden oder angeratenen Behandlung sprechen. In aller Regel ist das dann der Fall, wenn der Zahnarzt eine Diagnose in der Patientenakte schriftlich vermerkt.
Ausführliche Antwort:
Im klassischen Sinne schließen die meisten Versicherungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) einen bei Vertragsabschluss "laufenden Versicherungsfall" von der Leistungspflicht aus. Gemäß Definition zählt als Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung der zu versichernden Person.
Im Sinne gängiger Rechtsprechung beginnt dieser Versicherungsfall mit der ärztlichen Heiltätigkeit. Allerdings nicht erst dann, wenn die eigentliche Behandlung durchgeführt wird, sondern schon in dem Moment, wo der Zahnarzt den ersten Befund stellt, welcher der Heilbehandlungsmaßnahme zugrunde liegt. Das gilt auch für Befunde, die in dem Moment noch nicht akut behandlungsbedürftig sind, wo eine Behandlung z.B. noch hinausgezögert werden kann.
Dazu ein Beispiel für einen laufenden Versicherungsfall
Der Zahnarzt stellt bei seiner Vorsorgeuntersuchung eine kariöse Stelle an einem Zahn fest. Der Patient hat keine akuten Schmerzen und Zahnarzt und Patient einigen sich darauf, diesen Zahn unter Beobachtung zu stellen. Der Zahnarzt notiert den Befund in der Patientenakte.
--> erst ein Jahr später wird dieser Zahn mit einer Kunststofffüllung versorgt
Doch der Versicherungsfall hat allerdings schon mit der Diagnose der Kariesstelle begonnen. Man spricht im fachlichen Sinne auch von einem sogenannten "gedehnten" Versicherungsfall.
Wenn eine Zahnzusatzversicherung erst nach dieser Diagnosestellung abgeschlossen wird, würde der Versicherer mit Hinweis auf den Ausschluss laufender Versicherungsfälle die Leistung verweigern.
Woher weiß die Versicherung von einer angeratenen oder geplanten Behandlung
Zu den vertraglichen Verpflichtungen (sogenannten Obliegenheiten) des Versicherungsnehmers gehört es auch, dem Versicherer zu ermöglichen, seine Leistungsverpflichtung zu überprüfen.
Ob ein Versicherungsfall vor oder nach Vertragsabschluss eingetreten ist, kann die Versicherung nur anhand ärztlicher Unterlagen prüfen. Als Versicherungsnehmer hat man damit die Verpflichtung, dem Versicherer Zugang zu diesen Informationen zu ermöglichen.
Das kann entweder im Rahmen einer Arztanfrage mit Schweigepflichtentbindung erfolgen, d.h. der Versicherungsnehmer entbindet schriftlich den Zahnarzt von seiner ärztlichen Schweigepflicht und die Versicherung fragt anschließend selbstständig die benötigten Informationen beim Zahnarzt ab.
Alternativ hat der Versicherungsnehmer auch das Recht, die benötigten Informationen selbst beizubringen. Der Versicherer schickt dann seine Anfrage direkt an den Versicherungsnehmer, der damit die benötigten Informationen von seinem Zahnarzt einholen kann.
Wer jetzt denkt, ich wechsel einfach den Zahnarzt und gehe woanders hin, der übersieht leider, dass dadurch das Problem einer angeratenen Behandlung nicht verschwindet. Der Versicherer will natürlich wissen, wo man vor Vertragsabschluss beim Zahnarzt war. Zum einen besteht die vertragliche Pflicht, dem Versicherer hier wahre Angaben zu machen. Zum anderen lässt sich das vermutlich auch über eine Anfrage an die gesetzliche Krankenkasse herausfinden, die ja Informationen über abgerechnete Arztbesuche speichert.
In dieser Situation fragt man sich: kann man eine Zahnzusatzversicherung nachträglich abschließen?